Der Blick aus dem Klassenfenster hält Überraschendes bereit. Viele kennen das fischförmige Schneefeld auf der Mieminger Kette, die wenigsten wissen jedoch, dass es sich hierbei um einen kleinen Gletscher handelt. Seit Oktober 2019 wird der Mieminger Schneeferner („Fisch“) kontinuierlich vom Meinhardinum aus beobachtet. An dieser Stelle werden fortlaufend Zwischenergebnisse und Updates veröffentlicht.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung:
Mag. Irina Mantl (i.anich@tsn.at)
MMag. Stefan Mantl (st.mantl@tsn.at)
Wir bedanken uns bei Familie Riser, Mag. Florian Westreicher (Universität Innsbruck), der Klima- und Energie-Modellregion Imst, Swarovski Optik und Direktor i.R. MMag. Georg Jud für ihre freundliche und wertvolle Unterstützung.
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Lage
Wo findet man den er Mieminger Schneeerner überhaupt?
Felsmarkierungen
Für die Fernerkundung wurden Felsmarkierungen angebracht.
Vergleich
Sieh an, wie sich der Gletscher von 2019/20 bis 2020/21 verändert hat.
Zeitrafferaufnahmen
Hier kannst du ein Jahr in wenigen Minuten erleben.
Publikationen
Finde heraus, was sonst so über den Fisch berichtet wird.
2021
Der Meiminger Schneeferner auf dem Rückzug.
Wetterstation
Wie ist das Wetter in Stams?
Den Mieminger Schneeferner finden:
Felsmarkierungen als Referenzpunkte
Am 19. und 26. Oktober 2019 wurden insgesamt 11 Felsmarkierungen im Gletscherbereich angebracht. Die Markierungen A, B, C und D wurden zur Zeit des Gletschertiefstands des Jahres 2019 (aus Sicht von Stams) angebracht. Die darüber liegenden Markierungen befinden jeweils in einem Abstand von 5 Metern. Im unteren Bereich des Gletscher befindet sich eine Person, die zum Größenvergleich markiert wurde.
Am 30. Oktober 2021 wurden die Markierungen A und B farblich aufgefrischt. Da die neue Eislinie mittlerweile darunter liegt, wurden neue Markierungen am Eisrand unterhalb von A und B gesetzt. Auch im oberen Bereich des Gletschers wurde eine weitere Markierung E angebracht. Diese befindet sich östlich von Punkt C.
Am 29. Oktober 2022 wurden die unteren Felsmarkierungen erneut aufgefrischt und neue Eisrandmarkierungen angelegt. Aufgrund des starken Abschmelzen des Eises, können einige der oberen Markierungen auch kletternd nicht mehr erreicht werden.
Die Wintersaisonen 2019/20 und 2020/21 im Vergleich:
Im Herbst 2019 wurde mit der systematischen Beobachtung begonnen. Bei einem Lokalaugenschein wurden Felsmarkierungen an vier markanten Stellen angebracht, die mittels Fernrohr von Stams aus betrachtet werden können. Die Markierungen B (orange) und C (gelb) sind in den nachfolgenden Vergleichsbildern zur besseren Übersicht eingezeichnet. Die Stellen B bzw. C wurden am 26.10.2019 auf Höhe der Eiskante (von Stams aus betrachtet) angebracht. Die Stellen B‘ und C‘ genau 5 Meter darüber. Die roten Markierungen wurden zusätzlich auf den folgenden Bilder eingezeichnet und dienen als Referenzpunkte für die Bildauswertung, da die Markierungen B und C im Laufe des Winters aufgrund der Schneehöhe nicht sichtbar waren.
Im direkten Vergleich fällt auf, dass im Winterhalbjahr 2019/20 an den Vergleichstagen durchwegs mehr Schnee lag als im Winterhalbjahr 2020/21 (vgl. rote Markierungen).
Anmerkungen: Leider kommt es immer wieder vor, dass die Position der Kamera aus diversen Gründen leicht verändert wird, was sich auf die Bildausschnitte auswirken kann.
Zeitrafferaufnahmen - ein Jahr Gletscherbeobachtung
Die Fernbeobachtung des Gletschers erfolgt durch ein schuleigenes Fernrohr, das uns freundlicherweise von der Fachgruppe Biologie zur Verfügung gestellt wurde. Mit Hilfe eines speziellen Kameraaufsatzs der Firma Swarovski Optik ist es möglich, eine dem Forschungsteam gehörende Sony Alpha 6000 direkt am Fernrohr zu befestigen. Mit Hilfe eines Timers können somit in regelmäßigen Abständen automatisiert Fotos vom Gletscher gemacht werden.
Zwischen 19. Dezember 2019 und 30. April 2021 entstanden auf diese Weise über 3.700 Einzelbilder. Ausgewählte davon wurden für die nachfolgende Zeitrafferaufnahme verwendet.
Anmerkungen: Leider kommt es immer wieder vor, dass die Position der Kamera oder des Stativs aus diversen Gründen leicht verändert wird. In der Zeitrafferaufnahme wurde so gut wie möglich versucht, diese Unterschiede auszugleichen.
Weitere Zeitrafferaufnahmen, die die Ablationsperiode veranschaulichen:
Der Mieminger Schneeferner auf dem Rückzug
Der Sommer 2021 war für jene, die regelmäßig einen Blick auf den Gletscher werfen, doch eher ernüchternd: Die Schneeauflage ging stetig zurück und die freigelegte Geröllfläche wuchs mit jedem Tag. Leider sind die Markierungen aus dem Jahr 2019 mit dem Fernrohr nicht mehr ersichtlich, dennoch ist klar, dass sich das Volument der Eismasse verringert hat.
Vergleicht man die Witterungsverältnisse in den Jahren 2020 und 2021 im Zeitraum Mai bis Oktober fällt auf, dass die durschnittlichen Monatstemperaturen recht ähnlich waren.
Auffallend sind aber die doch viel größeren Niederschlagsmengen im Juni und Juli 2021, die großtenteils auch auf Gletscherhöhe in Form von Regen fielen.
Die Auswertung der kontinuierlich angefertigten Fotos zeigt, dass 2020 der erste Schnee erst am 26. September fiel und dieser für den Rest des Jahres größtenteils liegen blieb.
Im Jahr 2021 fiel der erste Schnee am Gletscher in der Nacht von 26. auf 27. August, danach erneut am 28./29. August. Anschließend folgten einige Schlechtwettertage. Bis 2. September war der gefallende Schnee bereits wieder abgeschmolzen. Es folgten sonnige Herbsttage bis zum nächsten Schneefall am 9. und 14. Oktober. Auch diese Schneemengen schmolzen in den darauffolgenden Tagen wieder zurück, sodass Ende Oktober ein Tiefpunkt des sichtbaren Eises bzw. der Schneeauflage erreicht wurde.
Vergleicht man die vorhandene Schneeauflage im September/Oktober 2020 und 2021, wird deutlich, dass die Abschmelzperiode 2021 viel länger andauerte und der weithin sichtbare Teil des Gletschers stark schrumpfte.
2020
2021
Vergleich 2020 und 2021
2022 - ein Ausnahmejahr?!
Das Jahr 2022 wird wohl in die Messgeschichte als markantes Jahr für die Gletscherbeobachtenden eingehen.
Die durchschnittlichen Temperaturen lagen laut den Aufzeichnungen der ZAMG im Winter 2021/22 und Frühjahr 2022 etwa 2,5°C höher als im langjährigen Mittel (1961-1990). Auch Sommer (+3,5°C) und Herbst (+1,5°C) waren im Schnitt zu warm. Der Winter 2021/22 war in der Region gleichzeitig um bis zu 25% niederschlagsärmer als durchschnittlich, das Frühjahr sogar bis zu 40%. Im Sommer lag die Niederschlagsmenge etwa im Rahmen des langjährigen Mittels, der Herbst war sogar um bis zu 50% feuchter. (vgl. ZAMG Klimamonitoring).
Ein interessantes Bild liefert die Auswertung der Wetterstation am Meinhardinum (vgl. Abbildung 1), welche die Zahlen der ZAMG durchwegs bestätigen. Mit Ausnahme September waren die durchschnittlichen Temperaturen im Vergleich zu den beiden Vorjahren zum deutlich erhöht: Im Mai wurden Temperaturen von durchschnittlich 16,8°C erreicht; das entspricht +3,4°C (2020) bzw. +5,9°C (2021). Juni, Juli und August waren vergleichbar mit den Vorjahren, September um 3-4°C kälter. Deutlich wärmer war hingegen der Oktober mit +3,6°C.
Auffallend ist die Niederschlagsverteilung in diesem Jahr: Die überaus warmen Monate Mai, Juni und Juli brachten vergleichsweise viel Niederschlag, zumeist in Form von Regen. Schneefall war im Vergleich zu den Vorjahren relativ selten. Nur an 5 Tagen konnte Neuschnee am Gletscher registriert werden: 1., 3., 4. und 29. Mai sowie am 9. Juni. Der August war deutlich trockener (-52% bis -55%). Mit einem Gesamtniederschlag von 662,26 mm ist 2022 gegenüber der beiden Vorjahren jedoch das feuchteste (+20% zu 2021, +37% zu 2020). Eine größere Menge Neuschnee fiel erst am 18. September, die jedoch bis Ende des Monats wieder abschmolz.
Die Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse in der vergangenen Beobachtungsperiode sorgten dafür, dass einerseits der Schneeeintrag im Bereich des Mieminger Schneeferners geringer war als in den vergangenen Jahren und die Schneeauflage aufgrund der höheren Temperaturen im Frühjahr und Sommer schneller schmolz als in den Vergleichsjahren 2020 und 2021.
Zusätzlich beschleunigt wurde das Abschmelzen durch den starken Eintrag von Saharastaub ab dem 15. März 2022. Ein Tiefdruckgebiet nordöstlich der Kanaren sorgte dafür, dass sich der Saharastaub in ganz West- und Mitteleuropa verteilte. Die Strömungsverhältnisse aus Nordwest sorgten dafür, dass insbesondere die Gebirge nördlich des Inntals eine große Menge Saharastaub abbekamen.
Zwar wurde der Saharastaub durch nachfolgende Schneefallereignisse zunächst verdeckt, dieser kam aber im Zuge der Schneeschmelze ab Mitte wieder zum Vorschein und beschleunigte die Schneeschmelze.
Insgesamt ging im Jahr 2022 sehr viel mehr Eismasse verloren, als im gesamten Vergleichszeitraum seit Oktober 2019. Sieh dir dazu die nachfolgenden Bilder an. Verschiebe den Regler, um den direkten Vergleich zutreten.
(1) Vergleich zwischen Feber 2022 und Oktober 2022
(2) Vergleich zwischen August 2020 und August 2022:
Gletscherrundgang
Spaziere über den Mieminger Schneeferner und sieh dir an, wie sich dieser im Herbst 2023 präsentierte.
Publikationen
Artikel in den Proceedings of Science
Das Mieming Schneeferner Projekt ist eine extreme Citizen Science Initiative, die mit Hilfe der Fernerkundung Klimadaten von einem abgelegenen Gletscher sammelt und analysiert. Erste Ergebnisse der letzten vier Jahre bestätigen frühere Forschungen, zeigen neue Wege für wissenschaftliche Untersuchungen auf und zeigen die Auswirkungen des Klimawandels auf lokaler Ebene. Klicke auf das Bild, um das gesamte Paper herunter zu laden.
Treasure The Small Things: Citizen Science Glacier Observation
Swarovski Optik unterstützt seit 2020 unsere Langzeitbeobachtung. 2022 bekamen wir die Chance, unsere bisherigen Erkenntnisse auf Swarovski Stories zu teilen. Hier geht's zum Beitrag.
Extreme Citizen Science
Im Zuge der Österreichischen Citizen Science Konferenz 2023 am 19.-21. April 2023 präsentierte Florian Westreicher ein wissenschaftliches Plakat zur Erfoschung des Mieminger Schneeferners. Hier gibt's das wisenschaftliche Poster zum Download.
Wetterstation
Seit 2019 betreibt das Meinhardinum eine eigene Wetterstation. Im Winter werden zusätzlich die Schneehöhen in Stams aufgezeichnet. Beide Messstationen entstanden im Rahmen der Gletscherbeobachtung, um Vergleichswerte zu erhalten und zumindest im Groben von den Werten im Tal auf jene am Berg zu schließen.
Die Echtzeitdaten der Wetterstation sind für alle zugänglich und können auf Weathercloud oder Weather Underground eingesehen werden. Auf Weather Underground hast du auch einen spannenden Zugang auf die Daten der vergangenen Jahre. Über das Zahnrad oben rechts kannst du von °F auf °C umstellen.
Hier geht’s zum Meinhardinum Wetterarchiv.
Mit freundlicher Unterstützung von: