Zeitzeugin zu Besuch

Am Montag, den 14. März, durfte Frau Marion Fischer endlich zu einem Gespräch in die Schule kommen. Sie erzählte den Schülerinnen und Schülern des Geschichte Wahlpflichtfachs und der Klasse 5B von ihrem Leben.

Frau Fischer wurde 1937 als Marion Klein geboren. Weil ihre Familie jüdisch war, floh sie1938 vor den Nationalsozialisten. Über Triest wollten sie nach Palästina, wurden aber in Zypern abgewiesen und zurückgeschickt. Aus der Zeit im Konzentrationslager Ferramonti (Kalabrien) hat Frau Fischer ihre ersten Erinnerungen: liebevolle Eltern, die aus dem Leben in Gefangenschaft das Beste gemacht haben und eine Ausfahrt zum Eisessen – etwas, das in einem KZ außerhalb Italiens nicht möglich gewesen wäre. Nach fast einem Jahr wurde die Familie nach Arsiero (Venetien) gebracht. Die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner dort hielten sich nicht an das Sprechverbot mit Jüdinnen und Juden. Frau Fischer erzählt von einer sehr freundlichen Aufnahme und einer guten Zeit dort. Mit einigen Menschen aus dem Dorf verbindet sie bis heute eine Freundschaft.

Als 1944 fast alle jüdischen Familien nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden, hatte die Familie von Frau Fischer großes Glück. Mit der Hilfe von Partisaninnen und Partisanen konnten sie über die Berge in die Schweiz fliehen. Sie lebten dort bis zum Kriegsende in Flüchtlingsunterkünften und bei verschiedenen Familien.

Durch einen Bericht in den Nachrichten ist Frau Fischer erst kürzlich wieder eingefallen, wie sie dort ihren 7. Geburtstag gefeiert hat. Sie war mit vielen anderen Flüchtlingen in einer leerstehenden Knopf-Fabrik untergebracht und bekam ein paar Knöpfe als Geschenk.

Überhaupt erinnert der aktuelle Krieg in der Ukraine, das Leid der Menschen im Kriegsgebiet und auf der Flucht Frau Fischer an vieles von damals. Es ist ihr ein großes Anliegen, den Menschen zu helfen.

Das Leben nach dem Krieg war von vielen Ortswechseln geprägt. Eine „Heimat“ hat Frau Fischer nirgends gefunden.

Die Schülerinnen und Schüler lauschten den Erzählungen von Frau Fischer aufmerksam und sie nutzten die Gelegenheit Fragen zu stellen und mit ihr zu sprechen. Sie fanden es erschreckend, wie oft und wie lange Frau Fischer mit Antisemitismus konfrontiert war. Sie waren überrascht, dass Frau Fischer trotz allem so „(über-)lebensfroh“ ist. Ihre Weltoffenheit und ihr Humor sind beeindruckend. Der Besuch wird uns in guter Erinnerung bleiben.

Sabine Mirrione

Aufgezeichnete Video-Interviews mit Marion Fischer und einen ausführlichen Text, könnt ihr hier ansehen:

Interview 1

Interview 2

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